Eine Reihe sehr erfolgreicher Unternehmen ist bekannt für ihren Empowerment-Ansatz, beispielsweise Starbucks, Google und die Hotelkette Ritz-Carlton. Starbucks ist mit 22.000 Coffee-Houses weltweit Marktführer, Google hält bei der Web-Suche mit Mobilgeräten und Tablets einen Marktanteil von 90 Prozent (Desktop ca. 70 Prozent) und Ritz-Carlton gewann als einziges Unternehmen in der Geschichte des Preises zweimal den vom amerikanischen Präsidenten verliehenen Malcolm Baldrige National Quality Award.
Auch im Deutschen wird in der Regel der Anglizismus »Empowerment« verwendet, der mehrere Aspekte umfasst. »Empowerment« steht für 1. Ermächtigung, 2. Befähigung und 3. Aktivierung von Mitarbeitern. Entlang dieser drei Aspekte lässt sich genauer fragen, wie Sie Empowerment umsetzen können und woran die Umsetzung scheitern kann.
1. Ermächtigung
Der erste Schritt besteht darin, dass Sie den Mitarbeitern mehr Verantwortung übertragen. Bei Ritz-Carlton darf zum Beispiel jede/r Hotelangestellte, also selbst das Zimmermädchen, Entscheidungen über Kosten bis 2.000 Dollar an Ort und Stelle selbst treffen. Die Voraussetzung ist, dass damit ein Gast-Problem schnell gelöst oder die Erfahrung der Gastlichkeit merklich gesteigert werden kann. Natürlich schöpfen die wenigsten Entscheidungen dieses Limit aus. Wer aber einen Spielraum von 2.000 Dollar hat, dem fällt es leicht, eine 20-Dollar-Entscheidung ohne Zögern zu treffen. Wird das Anliegen eines Gastes spontan erfüllt oder ein Problem ohne Wartezeit und Diskussion gelöst, erzeugt das manchmal einen Wow-Effekt beim Kunden. Es ist auch klar, dass die Mitarbeiter der Hotelkette ein höheres Engagement für die Kunden zeigen als die Mitarbeiter anderer Ketten, die noch nicht einmal eine 1-Dollar-Entscheidung ohne Rücksprache treffen dürfen. Das interne Motto der Hotelkette lautet: »We are Ladies and Gentlemen Serving Ladies and Gentlemen.«
Wenn Empowerment zu viel mehr Engagement und Kreativität führt, warum machen es dann nicht alle? Bei »Ermächtigung« geht es um »Macht«, denn Führungskräfte müssen bereit sein, Entscheidungs- und Handlungsmacht an die Mitarbeiter abzugeben. Und das fällt vielen Managern schwer. In der Psychologie unterscheidet man drei Arten von Motivation. Neben der Leistungsmotivation und der Anschlussmotivation ist die Machtmotivation einer der stärksten Antriebe. David McClelland hat bereits vor vier Jahrzehnten in einer Untersuchung gezeigt, dass Manager größerer Unternehmen oft ein ausgeprägtes Machtmotiv bei gleichzeitig geringem Anschlussmotiv haben. Solche Vorgesetzten sind von der Idee des Empowerments nur bedingt begeistert.
Sie als Chef/in können zwar für sich selbst entscheiden, Macht an Ihre Mitarbeiter abzugeben, weil Sie wissen, dass dies Engagement, Kreativität und Loyalität weckt. Wenn Sie aber Führungskräfte führen, müssen sie diese ebenfalls dafür gewinnen, einen Teil ihrer Macht an ihre Mitarbeiter abzugeben. Das kann jedoch schwierig werden, wenn Führungskräfte ein starkes Machtmotiv haben und obendrein noch Kontrollverlust befürchten.
Hinzu kommt: Ein Mitarbeiter, der in eigener Verantwortung entscheiden soll, wird früher oder später Fehler machen. Gerade am Anfang ist die Fehlerquote meist etwas höher, denn der Mitarbeiter muss erst einmal Erfahrung mit seiner neu gewonnen Entscheidungsfreiheit sammeln. Schnell kommt da beim Vorgesetzten der Gedanke auf: »Das hätte ich mal lieber selbst gemacht.« Da heißt es, gelassen und beharrlich zu bleiben. Ihre Reaktion auf die ersten Fehler werden die Mitarbeiter sehr genau beobachten. Hier zeigt sich, ob Sie es ernst meinen. Sie benötigen also Geduld: Empowerment schließt einen Prozess der allmählichen Befähigung von Mitarbeitern ein.
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