Eine positive Energie ist eine der wichtigsten Eigenschaften von Leadern
Jack Welch, der langjährige CEO von General Electric, entwickelte das 4E-und-1P-Modell. Es beschreibt seine Anforderungen an Führungskräfte. Die 4 E stehen für Energy, Energize others, Edge (tough decisions) und Execution (can you deliver?). Das P steht als das verbindende Element für Passion. Ohne das Modell weiter zu vertiefen (siehe Jack Welch dazu im Video), fällt auf, dass drei der fünf Kriterien einer guten Führungskraft nach Welch etwas mit positiver Energie zu tun haben.
Das Gegenteil von positiver Energie ist die Eigenschaft der Negativität. Sie ist besonders häufig gepaart mit den anderen Untugenden wie Perfektionismus, Ungeduld oder Hochmut. Wer unter Negativität leidet, konzentriert sich auf Probleme und auf Fehler. Ist der eigenen Wahrnehmungsfilter erst einmal darauf ausgerichtet, werden hauptsächlich die dazu passenden Ausschnitte der Wirklichkeit wahrgenommen. Das ist aber eine Selffulfilling Prophecy und gleichzeitig ein Teufelskreislauf, denn so bestätigt die Wahrnehmung des Negativen ständig das Vorurteil, die Welt sei voller Probleme. Ich halte Negativität nicht für einen kleinen Makel, sondern für einen ernst zu nehmenden Charakterfehler, der den Erfolg als Führungskraft stark limitiert.
Wenn Sie jemanden in eine Führungsposition befördern und erst danach bemerken, dass die Person unter Negativität leidet, haben Sie ein Problem. Mit einem einfachen Feedbackgespräch und der Bitte, den eigenen Blickwinkel zu korrigieren, ist es nämlich nicht getan. Man kann nicht anordnen, jemand solle die Dinge oder die Welt positiv sehen. Was Sie damit von der Person verlangen würden, wäre nämlich eine Kehrtwendung bezogen auf das eigene Weltbild. Wer etwas negativ sieht, kann im Kopf nicht einfach umschalten und das Ganze positiv betrachten.
Negative Vorgesetzte schaden den Mitarbeitern und sich selbst
Schon ein Mitarbeiter ohne Führungsfunktion kann durch seine Negativität einen starken Einfluss auf die Kollegen und das Betriebsklima haben. So wie ein fauler Apfel andere gesunde ansteckt, verändert auch Negativität die Wahrnehmung der anderen. Auf einmal beginnen die Mitarbeiter, mehr auf Probleme und Ärgerliches als auf Chancen und Erfreuliches zu achten. Vorgesetzte mit starker Negativität sind eine Gefahr. Sie haben als Multiplikatoren einen besonders schlechten Einfluss auf alle Mitarbeiter. Sie neigen dazu, übermäßig zu kritisieren und wenig bis keine positiven Rückmeldungen zu geben. Die Mitarbeiter fühlen sich nach dem Kontakt mit einem solchen Vorgesetzten energetisch schlechter als vorher. Wie weit dieses Phänomen verbreitet ist, können Sie daran sehen, dass sich laut mehreren Studien (hier eine besonders interessante Studie) gerade einmal jeder dritte berufstätige Deutsche anerkannt fühlt. Die Freude an der eigenen Arbeit geht damit bei manchen Mitarbeitern nach und nach verloren und weicht dem stupiden Dienst nach Vorschrift.
Letztlich schadet sich ein Mensch, der seine Negativität pflegt und auslebt, mit dieser Art der Wahrnehmung am meisten selbst. Für ihn oder sie besteht nämlich das ganze Leben aus Problemen und Fehlern. Auch im Privatleben sehen sie eher das Schlechte als das Gute und kritisieren auch die eigenen Kinder übermäßig. Sie empfinden weniger Dankbarkeit, weniger Zufriedenheit mit ihrem Leben und haben weniger befriedigende Beziehungen.
Wer an Negativität leidet sollte sich bewusst werden, dass wir unsere Welt mit unserer Wahrnehmung zu einem hohen Grad selbst kreieren. Die eigene Wahrnehmung kann mit der Zeit durchaus verändert werden, aber das gelingt nur mit Ausdauer und Geduld.
Lesen Sie auf Seite 2 weiter: Diese zwei Übungen helfen gegen Negativität
Sehr geehrter Herr Groth,
erneut vielen Dank für diesen guten Artikel.
Ich gehe mit Ihnen überein, dass eine (realistisch-)positive Energie, die von einer Führungskraft ausgeht, sowohl enormes Potential enthält und sogar solches bei den Mitarbeitern freisetzt.
Eine Führungskraft, die etwas bewegen möchte, kommt auch aus meiner Sicht nicht umhin, sich ein realistisch positives Weltbild zu erarbeiten.
Eine stark negative Sichtweise bringt leider negative, sich selbst erfüllende Prophezeiungen beziehungsweise einen negativen Pygmalion-Effekt mit sich.
Dass eine stark negative Sichtweise den Erfolg einer Führungspersönlichkeit stark (sogar extrem) limitiert, sehe ich auch noch so. Die Zuschreibung eines Charakterfehlers geht mir persönlich ein Stück zu weit.
Aus meiner Sicht ist die Vermeidung von Schmerz eine der stärksten Antriebsfedern des Menschen. Wer sich den „Teufel an die Wand malt“ versucht ihn schon zu bekämpfen, bevor er überhaupt auftaucht, um den damit eventuell verbundenen Schmerz zu lindern. Hinzu kommt, dass Negativität, wiederum aus meiner Sicht, sowohl genetisch vorbedingt sowie gesellschaftlich vorgelebt wird. („Vögel die zu hoch fliegen, stürzen tief.“)
Beides führt letztendlich zu einer grundsätzlich (erlernten) negativen Ausrichtung vieler Menschen. Negativität hinter sich zu lassen wirkt sich enorm positiv auf Gesundheit, Zufriedenheit und damit die eigene Ausstrahlung aus.
Umlernen geht! Ihre zwei „einfachen“ Übungen zeigen das. Alleine schon die ersten Schritte in diesem Umlernprozess führen zu positiven „sich selbst erfüllenden Prophezeiungen“.
Eine Führungspersönlichkeit kann und sollte sich in diese Richtung entwickeln.
Freundliche, positive Grüße
Peter Wiesejahn
Sehr guter Artikel, viele Dank.
Ich stimme meinem Vorredner zu. Schmerzvermeidung ist menschlich, da wir von Natur aus eher unser Haben schützen wollen als es abzugeben. Das große Problem, welches ich bei Führungskräften jedoch sehe ist, dass sie oft selbst die Visionen des Unternehmens nicht ausreichend kennen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es da draußen eine Menge Unternehmen gibt, die ihr „Warum“ nicht haben und mehr oder weniger gut funktionieren. Das spiegelt sich letztendlich nicht nur in der Mitarbeiterführung wieder, sondern reicht bis zur Putzfrau.