Jeder hat eine ungefähre Idee, was mit Führung beziehungsweise Leadership gemeint ist. Fragt man aber nach einer Definition des Begriffs, sieht es schon anders aus. Oft werden dann Aufgaben genannt, die eine Führungskraft ausführt. Aber genügt das als Orientierung für die eigene Arbeit? Leadership-Experten der letzten Jahrzehnte geben Definitionen als Anregung vor. Bei allen drei fällt auf, dass sie nicht die hierarchische Rolle eines Vorgesetzten betonen. Leadership kann also auch von Mitarbeitern ohne hierarchische Weisungsbefugnis praktiziert werden.
Definition Führung: Peter Drucker
Peter F. Drucker (1909–2005), ehemals Professor an der Claremont Graduate University, ist der wahrscheinlich einflussreichste Managementvordenker des letzten Jahrhunderts. Seine 39 Bücher wurden in 36 Sprachen übersetzt. Drucker war der Erste, der Management als eine Profession, einen Beruf ansah, den man erlernen kann. Vielleicht ist er Ihnen auch als Begründer von »Management by Objectives« (Führen mit Zielen) oder des modernen Selbstmanagements bekannt. Seine Definition von Führung lautet:
1. The only definition of a leader is someone who has followers. […]
2. An effective leader is not someone who is loved or admired. He or she is someone whose followers do the right things. Popularity is not leadership. Results are.
3. Leaders are highly visible. They therefore set examples.
4. Leadership is not rank, privileges, titles, or money. It is responsibility. 1
Drucker hält »Follower«, also Anhänger und Unterstützer, für das entscheidende Kriterium. Follower zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Leader aktiv und selbstbestimmt folgen. Sie sind klar zu unterscheiden von den »Subordinates«, den Untergebenen, die keineswegs immer Follower sind. Reinhard K. Sprenger hat das treffend paraphrasiert: »Wer führt, ohne dass ihm die Menschen folgen, geht nur spazieren.«2 Drucker macht deutlich, wie man Follower bindet und ein Leader wird. Leadership bedeutet nach Drucker, Resultate zu erzielen, ein sichtbares Beispiel zu sein und Verantwortung zu übernehmen.
Reflexionsfragen zu Druckers Definition von Führung:
- Können Sie sich bezogen auf Ihre eigene Führungsrolle mit den vier Kriterien von Drucker identifizieren?
- Definieren Sie sich als Vorgesetzte/r eher durch Rang, Privilegien, Titel und Geld oder eher durch die Resultate, Ihre Vorbildrolle und Ihre gelebte Verantwortung?
- Haben Sie als Führungskraft überzeugte Follower?
Definition Führung: John P. Kotter
John P. Kotter (*1947) ist Professor of Leadership an der Universität Harvard und Autor von 18 Büchern. Dazu gehören die Bestseller »Leading Change« und »Das Pinguin-Prinzip«, die weltweit als Klassiker der Change-Management-Literatur gelesen werden. Seine Bücher erreichen Millionen-Auflagen und führen bei Erscheinen die internationalen Bestsellerlisten an. Kotter gilt als einer der einflussreichsten Business-Denker der Welt. Seine Definition von Führung lautet:
Leadership defines what the future should look like, aligns people with that vision, and inspires them to make it happen despite the obstacles.3
Im Vergleich zu Drucker kommt hier mit dem Zukunftsbild ein neuer Aspekt hinzu. Ein Leader muss vorangehen. Um das zu tun, benötigt er ein Bild von der Zukunft, also die Vorstellung von einem Zustand, der erreicht werden soll. Wir müssen bestimmen, wohin wir die Aktivitäten unserer Mitarbeiter ausrichten wollen. Manche Führungskräfte nennen als Zukunftsbild ihre Jahresziele bzw. die Erreichung derselben. Ziele sind aber meist Zahlen und Zahlen sind für Mitarbeiter fast immer sehr unsexy. Kotter spricht davon, die Mitarbeiter zu inspirieren. Zahlen inspirieren nicht. Es braucht mehr, nämlich ein positives, emotional aufgeladenes Bild, wie die Zukunft sein soll. Echte Leader haben laut Kotter eine Vision.
Reflexionsfragen zu Kotters Definition von Führung:
- Haben Sie ein klares Bild von der Zukunft?
- Könnten Sie es jetzt und hier in wenigen Worten schriftlich formulieren?
- Kennen Ihre Mitarbeiter dieses Bild?
Definition Führung: Jack Welch
Jack Welch (*1935) ist einer der bekanntesten Manager des 20. Jahrhunderts. Er war von 1981 bis 2001 CEO von General Electric. In diesen 20 Jahren stieg der Börsenwert des Unternehmens von 13 auf mehr als 400 Mrd. US-Dollar. Seine Bücher über Management und seine Kolumne »Welch Way« werden auf der ganzen Welt gelesen. Die amerikanische Wirtschaftszeitung Fortune wählte ihn im Jahr 2000 zum »Manager of the Century«.
Before you are a leader, success is all about growing yourself. When you become a leader, success is all about growing others.4
Erfolg für einen Leader sieht Welch demnach darin, die Entwicklung anderer zu beeinflussen und Talente zu fördern. An anderer Stelle sagt Welch: »It’s all about making them flourish.« Welch greift mit seiner Definition den Gedanken des Servant Leaders auf, der sich ganz in den Dienst seiner Mitarbeiter stellt. Eine solche Führungskraft sorgt dafür, dass die Mitarbeiter neue Fähigkeiten erlernen, mehr Selbstvertrauen bekommen und innerlich wachsen. Das Gegenteil davon ist der Self-Serving Leader, der sich auch nach seiner Beförderung zur Führungskraft hauptsächlich auf die eigenen Bedürfnisse konzentriert.
Reflexionsfragen zu Welchs Definition von Führung:
- Was haben Mitarbeiter und das Unternehmen unter Ihrer Führung erreicht?
- Sind Ihre Mitarbeiter unter Ihrer Ägide gewachsen, haben sie neue Fähigkeiten erlernt und Selbstvertrauen gewonnen?
- Was wird den Mitarbeitern als Ihre Haupteigenschaft als Manager in Erinnerung bleiben?
Ich empfehle: Wer Führungsverantwortung trägt, sollten sich zumindest einmal ernsthaft damit auseinandersetzen, was er/sie unter Führung verstehen will. Die eigene Definition formuliert den Anspruch, den Sie an Ihre Führungsarbeit haben, und entscheidet mit darüber, ob Sie ein Leader sein werden.
1 Drucker, Peter F.: Foreword, in: Francis Hesselbein et al.: The Leader of the Future – New Visions, Strategies, and Practices for the Next Era, New York 1996, S. xii.
2 Sprenger, Reinhard K.: Wer führt, ohne dass ihm die Menschen folgen, geht nur spazieren, in: Servant Leadership: Prinzipien dienender Unternehmensführung, Berlin 2014, S. 145.
3 Kotter, John P.: Leading Change, S. 25, Boston 2012, S. 25.
4 Welch, Jack und Welch, Suzy: Winning, New York 2005, S. 80.
5 Jack Welch on Management Style (Video). URL: https://www.youtube.com/watch?v=vBVc9nbXjCw#t=1m30
Hat Ihnen der Artikel Definition Führung – Ansätze von Peter F. Drucker, John P. Kotter und Jack Welch gefallen? Sagen Sie uns Ihre Meinung:
Sehr geehrter Herr Groth,
vielen Dank für Ihren Denkanstoß in Richtung Führungsdefinition.
Nach meiner Erfahrung hängt die Eigendefinition mehr von erlebter Führung ab. Diese beginnt bereits im Elternhaus um dann Erfahrungen als Mitarbeiter einzuflechten. Leider wird sie danach kaum noch Hinterfragt. Es gibt dann oft nur die beiden Enden „mache ich nicht so“; „mache ich genauso“. Erweitert durch den Bereich zwischen den beiden Polen.
Eine gelungene Auseinandersetzung setzt andere Blickwinkel voraus. Ihr Artikel stellt eine gelungene Ansammlung von Außenblickwinkeln dar. Das Ergebnis einer solchen Auseinandersetzung ist aus meiner Sicht mehr Authentizität.
Nochmals vielen Dank
Peter Wiesejahn
Hallo Herr Wiesejahn,
besten Dank für Ihren Kommentar. Die eigenen Kinder zu führen scheint mir übrigens die Königsdisziplin zu sein. In der Tat sind die Eltern unser erstes Vorbild für Führung.
Mit besten Grüßen
Alexander Groth
… apropo Kinder: im Juli 2014 ließ ich mich dazu verleiten, für eine Woche mit auf Klassenfahrt mit der Klasse meiner jüngsten Tochter (damals 5. Klasse) zu gehen. Jungen und Mädchen, wild, kreativ, spontan, ehrlich, Grenzen austestend …. das komplette Programm eben. Ein Trainingscamp für mich unter idealen Rahmenbedingungen 🙂 Führungspersonen bzw. für solche, die es in ihrer Lebensplanung vorsehen, zu werden, und die selber bereits ein Kind/Kinder haben, sind denen, die keinen Nachwuchs haben, in einem stratgischen und taktischen Vorteil. Insofern empfehle ich, eine solche Klassenfahrtreise als Betreuuer für die eigene persönliche Entwicklung mitzumachen. Die Kinder werden zum Spiegel eines jeden selbst. Und ganz ehrlich. Dabei geht es mehr als nur ums Überleben .. 🙂 Glauben sie mir. Voraussetzung dafür: ihr eigenes Kind freut sich, dass sie bereit sind, mit auf Klassenfahrt zu kommen. Sollte das nicht der Fall sein, haben Sie spätestens hier die Chance, zuhause in Ihrer „Führungsrolle“ etwas zu korrigieren. Schaffen sie dass, haben sie einen ersten Schritt aus ihrer Komfortzone getan. Die Frage ist dann natürlich z.B. auch: wie sieht man sie in ihrem Unternehmen? Viel Erfolg – und Glück :). Herzlichst, Frank Nussbaum
Hallo alle zusammen,
ich schreibe aktuell meine Bachelorarbeit im Thema „Kompetenezentwicklung von Führungskräften“ und möchte im ersten Teil die Definition von Führung aufarbeiten. Um die Wichtigkeit dieser Thematik und die Gliederung dieses Teils zu beleuchten würde ich gerne Alexander Groth zitieren. „Wer Führungsverantwortung trägt, sollten sich zumindest einmal ernsthaft damit auseinandersetzen, was er/sie unter Führung verstehen will. Die eigene Definition formuliert den Anspruch, den Sie an Ihre Führungsarbeit haben, und entscheidet mit darüber, ob Sie ein Leader sein werden.“ Ich bräuchte hier allerdings eine Jahresangabe. Im C steht 2015-2018. Kann ich das so übernehmen?
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Mader
Hallo Herr Mader,
das Jahr dürfte wohl 2017 gewesen sein. Danke, dass Sie den Artikel zitieren.
Mit besten Grüßen
Alexander Groth