Wer zu viele Aufgaben hat, sollte die richtigen auswählen und erledigen. Das lehrt das 80/20-Prinzip oder auch Pareto-Prinzip. Entdeckt wurde es vor über 100 Jahren von dem italienischen Volkswirtschaftler Vilfredo Pareto (1848–1929). Er beschäftigte sich mit der Verteilung von Bodenbesitz und stellt fest, dass 20 Prozent der italienischen Bevölkerung 80 Prozent des Bodens besaßen. Pareto schlussfolgerte, dass die Banken sich doch auf die Beratung dieser 20 Prozent spezialisieren sollten, was ihm nicht nur Freunde einbrachte. Die Grundidee seiner Untersuchungen und die zahlreicher Nachfolger ist heute noch aktuell: Es gibt ein statistisch belegtes Ungleichgewicht zwischen Aufwand und Ertrag, zwischen Anstrengung und Ergebnis.
Das 80/20-Prinzip findet sich in vielen Bereichen
Das Prinzip der Unausgewogenheit findet sich vielfach wieder:
• 20 Prozent der Kunden sorgen für 80 Prozent des Umsatzes.
• 20 Prozent der Produkte bringen 80 Prozent des Gewinns.
• 20 Prozent der Maschinen erzeugen 80 Prozent des Ausschusses.
• 20 Prozent unserer Arbeit verursachen 80 Prozent unseres Stresses.
• 20 Prozent eines Aktienportfolios sorgen für 80 Prozent des Gewinns.
• 20 Prozent der Autofahrer sind verantwortlich für 80 Prozent der Unfälle.
• 20 Prozent der Patienten verursachen 80 Prozent der Gesundheitskosten.
• 20 Prozent der Straftäter begehen 80 Prozent der Delikte.
• 20 Prozent einer Teppichfläche zeigen 80 Prozent der Abnutzung.
• 20 Prozent Ihrer Anstrengungen erzeugen 80 Prozent Ihres Erfolgs.
Die Verteilung muss nicht immer 80/20 entsprechen, obwohl das tatsächlich oft der Fall ist. So machten bei eBay 20 Prozent der Anbieter 80 Prozent des Umsatzes. Daraufhin entwickelte man das Powerseller-Programm, um diesen Top-Kunden noch mehr Umsatz zu ermöglichen. Die Verteilung kann auch so aussehen, dass 30 Prozent Ihrer Kunden 80 Prozent des Umsatzes ausmachen oder 20 Prozent der Produkte 90 Prozent des Gewinns generieren. Die wesentliche Erkenntnis aus den Beispielen ist das Prinzip der Unausgewogenheit, das im Arbeits- und Privatleben überall anzutreffen ist.
Grafik: Vermutete Wirkung – Tatsächliche Wirkung
Das 80/20-Prinzip als Führungskraft nutzen
Bei Ihrer Arbeit als Führungskraft gilt das 80/20-Prinzip im besonderen Maße. Bei einem Mann, der ein Stück Rasen umgraben will, bedeuten 50 Prozent der Arbeitszeit auch ungefähr 50 Prozent des Ergebnisses. Bei sehr einfachen Aufgaben gilt tatsächlich eine Gleichverteilung. In Ihrer Arbeit als Führungskraft aber werden durch Mitarbeiter, Kollegen, obere Führungskräfte und Kunden bereits vier Fünftel Ihrer Arbeitszeit beansprucht. Da macht es einen riesigen Unterschied, wofür Sie das verbleibende Fünftel Ihrer wertvollen Zeit einsetzen. Es gibt Aufgaben, die eine Input-Output-Relation von 1:1 ergeben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie E-Mails formulieren, die genauso gut einer Ihrer Mitarbeiter schreiben könnte. Diesem Fall stehen Aufgaben gegenüber, die eine Verhältnis von 1:10 erzielen. Sie können in einer Stunde viel erreichen, wenn Sie die Zeit nutzen für die Reflexion über wichtige Themen, die Planung für Schlüsselpositionen oder für Lob und Anerkennung für Ihre Mitarbeiter. Solche Tätigkeiten sind ein Hebel für Ihre Effektivität, wenn man den langfristigen Effekt auf Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter betrachtet.
Das 80/20-Prinzip führt zu zwei Kernfragen
Sie als Führungskraft werden dauernd mit dringenden Dingen konfrontiert. Was dringend ist, erscheint uns subjektiv meist auch als wichtig, ist es aber objektiv betrachtet häufig nicht. Aufgaben mit einer hohen Hebelwirkung (1:10) sind wichtig. Aufgaben, die eine geringe Hebelwirkung haben (1:1), sind nicht wichtig. Für Sie als Führungskraft lautet also die richtige Frage:
»Welche Aufgabe hat die größte Hebelkraft?«
Und nicht: Welche Aufgabe ist am dringendsten? Das führt zu der ebenso wichtigen Frage:
»Welche Aufgabe sollte ich jetzt liegen lassen, obwohl sie dringend ist?«
Beispiele für die Umsetzung der 80/20-Regel und dafür, welche Aufgaben man liegen lassen kann, finden Sie im Artikel Konzentration auf Weniges. Sie werden immer mehr Aufgaben auf Ihrer To-do-Liste haben, als Sie abarbeiten können. Eine exzellente Führungskraft werden Sie nur, wenn Sie Aufgaben mit großer Hebelkraft auswählen und bevorzugt erledigen. Den Rest können Sie delegieren und zumindest einen Teil einfach ignorieren.
Leben Sie Ihren Führungskräften und Mitarbeitern vor, wie man Prioritäten setzt, und machen Sie Ihre Denk- und Vorgehensweise transparent, damit diese von Ihnen lernen können.
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