Was selbstsüchtige Manager kennzeichnet
Als ich einmal mit einem Manager zu tun hatte, der Mitarbeiter im Direktvertrieb führt, betonte dieser im Gespräch über seine Erfolge die Wichtigkeit des »Materials«. Wenn das »Material« nicht gut sei, »muss man es eben austauschen«, weil man sonst keinen Erfolg haben könne. Mit »Material« meinte er die selbstständigen Vertriebsmitarbeiter der untersten Ebene. Diese Wortwahl verrät eine Entmenschlichung, die selbstsüchtige Manager häufig betreiben.
Mit der Selbstsucht gehen meist eine ganze Reihe negativer Führungseigenschaften einher. Erfolgreiche Mitarbeiter werden belohnt, wer es dagegen »nicht bringt«, muss gehen oder wird gegangen. Ob der mangelnde Erfolg nachvollziehbare Ursachen hat oder nur zeitweilig ist, spielt dabei keine Rolle. Auch Schwangere, Kranke oder »Minderleister« werden gerne aus dem Bereich gemobbt, da sie aus Sicht des Chefs den Erfolg begrenzen. Sie behindern damit sein Vorankommen. Solche Vorgehensweisen findet der Selbstsüchtige durchaus legitim. »Leistungsschwache haben in einem Unternehmen nichts zu suchen«, lautet seine Maxime. Auch Leistungsstarke können seinen Zorn zu spüren bekommen, wenn sie das Unternehmen aus eigener Entscheidung verlassen wollen. Damit werden sie automatisch zum Feind, denn der Selbstsüchtige nimmt das persönlich. Man könnte einen Top-Mitarbeiter nach jahrelanger sehr guter und engagierter Arbeit auch souverän verabschieden: »Ich freue mich für Sie, dass Sie ein so tolles Jobangebot haben. Sie sollten das machen, auch wenn ich Sie natürlich nur ungern gehen lasse.« Für den Selbstsüchtigen kann eine solche Aussage aber nur von einem Idioten stammen. Empathie hat keinen Platz in seinem Universum.
In der Entscheidungsfindung neigt der Selbstsüchtige dazu, die eigene Meinung als überaus gewichtig anzusehen. Widerspruch und sachliche Kritik wertet er schnell als Verrat, der harsche Konsequenzen nach sich zieht. Er fördert damit oft eine Kultur der Ja-Sager. Lässt es sich einmal nicht vermeiden, die wirklich gute Idee eines Mitarbeiters aufzunehmen und umzusetzen, vergisst er gern zu erwähnen, von wem sie ursprünglich stammte. Nach einiger Zeit glaubt der selbstsüchtige Chef sogar daran, die Idee sei letztendlich ja seine eigene gewesen, der Mitarbeiter habe sie nur als Erster in Worte gefasst.
Da Selbstsucht gesellschaftlich abgelehnt wird, haben solche Vorgesetzten oft soziale Routinen entwickelt, um den Anschein von persönlichem Interesse am anderen zu wahren. Ihnen geht es aber dabei weder darum, etwas Positives für ihre Mitarbeiter zu erreichen noch brennen sie inhaltlich für eine Sache. Ihr eigener Vorteil ist das Einzige, was zählt.
Es stellt sich die zwingende Frage: Warum akzeptieren Unternehmen diese Art von Chefs? Die Antwort wird in der Regel lauten: Weil sie Leistung erbringen. Das ist allerdings eine sehr kurzfristige Betrachtung. Selbstsüchtige Manager schaffen ein hochgradig negatives Klima. Sie vergiften die Arbeitsatmosphäre und herrschen oft, indem sie Angst schüren. Auf Dauer zeigt das eine negative Wirkung, die im Unternehmen nicht verborgen bleibt. Der Selbstsüchtige ist aber oft geschickt darin, rechtzeitig von dem Misthaufen abzuspringen, den er produziert hat, bevor dieser zum Himmel stinkt. Sie verlassen das Unternehmen mit guten Leistungszahlen und optimieren weiter ihre Karriere, während der Nachfolger den Mist aufräumt. So kommt es, dass Selbstsüchtige manchmal beeindruckende Lebensläufe haben, hinter denen sich aber das Leid vieler ehemaliger Mitarbeiter verbirgt. Mit der Selbstsucht geht häufig noch die Eigenschaft des Hochmut und der Negativität einher.
Lesen Sie hier weiter: Wie Sie selbstsüchtige Manager vermeiden oder aber mit ihnen umgehen können